Das ist vielleicht 'ne Marke!

Diese saloppe Redensart mag im Zusammenhang mit Carl Orffs eindeutig bildungsbürgerlichem Hintergrund und seinem großen, lebenslang anhaltenden Faible für Latein und Altgriechisch etwas sonderbar anmuten. Im «Illustriertem Lexikon der deutschen Umgangssprache» von Heinz Küppers allerdings wird ein Mensch, der als «Marke» bezeichnet wird, u.a. als «pfiffig und betriebsam» beschrieben. Das passt dann wiederum doch ganz gut zu Orff. Des weiteren könnte man sich vor Augen halten, dass der Begriff «Marke» von «merken» und «bemerken» kommt. Ein Mensch, der sich durch «bemerkenswerte» Eigenschaften oder Fähigkeiten auszeichnet, schafft Originalität, Einzigartigkeit und Wiedererkennungswert. Das wäre dann ziemlich genau Carl Orff. Denn was die Behandlung der Sprache und ihrer melodisch-rhythmischen Ausgestaltung angeht, das rhythmische Element im Allgemeinen und den Einsatz des Schlagwerks im Orchester – in all diesen Bereichen hat Orff seinen ganz eigenen Weg gefunden und damit seine charakteristische Klangsprache – seine «Marke» – geschaffen. Q.e.d. also, wie der Lateiner sagt!


So ist es fast folgerichtig (und gar nicht weit hergeholt…), dass Orffs Werk anläßlich seines 100. Geburtstag im Jahre 1995 mit einer Marke anderer Art, nämlich einer Sonderbriefmarke, geehrt wurde. Im Zentrum dieser Briefmarke steht das berühmte «Rad der Fortuna» aus den Carmina Burana, um das allerhand illustre Figuren aus Orffs Werk versammelt sind. Obenauf thront die Schicksalsgöttin selbst. Links von ihr verzweifelt Kreon, König von Theben, an der Erkenntnis, durch einen hartherzigen Entschluss seine Nichte Antigonae, seinen Sohn und seine Frau in den Tod getrieben hat. Kreon gegenüber schwelgt dagegen das berühmte, mittelalterliche Skandalpaar Albrecht III., Herzog von Bayern und die ihm (rechtswidrig) angetraute Baderstochter Agnes Bernauer, genannt die Bernauerin, im vorläufigen Liebesglück. Und unter dem Rad lockt der betrügerische «Gagler» ein ganzes Dorf der Astutuli (zu deutsch: der «ziemlich Schlauen, die sich für besonders gewitzt halten») ins Verderben, ähnlich den Schneidern in Des Kaisers neue Kleider. Jede dieser Figuren ist bemerkenswert und jedes Werk, dem sie entstammen, markiert eine markante Station im künstlerischen Leben Orffs. Damit tragen diese «Markenfiguren» merklich zur «Marke Orff» bei.


[Text: Kristina Gerhard]

>  Start   >    Institutionen   >    Carl Orff Museum   >