Das «Orff-Häusl»

HARMLOS / WANDELT HIER.
DANN KEHRET / NEU GESTÄRKT / ZU JEDER / PFLICHT ZURÜCK.


So lautet die Inschrift auf der Tafel, die den ursprünglichen Zugang zum ersten Volkspark Europas markierte – dem Englischen Garten in München, der auch heute noch ein herausragend wichtiges Naherholungsgebiet für die Bewohner der bayerischen Landeshauptstadt ist.


Im Zuge der Aufklärung war der Mensch als Individuum in den Blick gerückt und damit auch die Erkenntnis, dass dieses Individuum Bedürfnisse hat, u.a. das Bedürfnis nach Erholung. So wurden für die Stadtbevölkerung Volksparks als Erholungsorte angelegt. Der Englische Garten sollte ursprünglich Theodors Park nach dem Initiator Kurfürst Karl Theodor heißen. Der war aber bei der Münchner Bevölkerung derart unbeliebt, dass die störrischen Untertanen den Namen verweigerten und den Park einfach Englischen Garten nannten, nach dem englischen Landschaftsgarten-Stil, der dort umgesetzt wurde.


Seit 1792 konnten die 40.000 Münchner Bürger in dem groß angelegten Garten flanieren, die Natur genießen und sich erholen. Zehn Jahre nach der Eröffnung wurde am Eingang zum Park eine Jünglingsstatue im griechischen Stil aufgestellt, die die oben genannte Tafel hält und die Spaziergänger willkommen heißt. Passend zum Text heißt der griechische Jüngling im Volksmund lapidar «Der Harmlos».


An diesem historisch wie aktuell wichtigen Ort stand einst ein bürgerliches Stadthaus, das «Orff-Häusl». Carl Orffs Vorfahren hatten mehrere Generationen lang dort gelebt, und noch Orffs Vater Heinrich hatte als Kind im «Orff-Garten» hinter dem Haus gespielt. Für Carl Orff war das nicht mehr möglich, denn das «Orff-Häusl» wurde 1888 wohl wegen neuer Straßenplanungen abgerissen. Heute existiert kein Hinweis mehr auf das Orff’sche Anwesen, aber auf den Aquarellen von Carl Valentin Blank sind Haus und die Harmlos-Statue davor gut zu erkennen.

Carl Orff wuchs in der Maillingerstraße 16 in einer deutlich urbaneren Gegend auf, schuf sich aber mit dem Kauf des Dießener Anwesens 1955 sein eigenes Idyll. Ober er regelmäßig «harmlos» über sein Anwesen «gewandelt» ist, wissen wir nicht genau. Aber der Blick vom Balkon aus vor allem auf die frühsommerlichen Wiesen und Obstbäume, wenn es überall summt und brummt und die Natur in vollem Saft steht, hat ihn inspiriert und sicherlich «neu gestärkt».


[Text: Kristina Gerhard]

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