Souvenirs, Souvenirs…
oder: Orff mit Reis auf Reisen

Du-wa-du-wa-du-wa-du-dap -tap
ta-du-wa-du-wa …


Was zunächst wie eine Sprachspielerei aus dem Orff-Schulwerk klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinhören als Beginn eines Schlagers, mit dem Ende der 50er der Jazzsänger Bill Ramsey die Ohren der Radiohörer löcherte: Souvenirs, Souvenirs. Und sicher rauschte auch dem Jazzfan Carl Orff über die Mittelwellenfrequenz gelegentlich mal entgegen, was Ramsey da als Souvenirverkäufer so alles anpries: eine Saite von Elvis' Gitarre, den Hut von Maurice Chevalier, einen Schuh von Charlie Chaplin, einen Kamm von Picasso… Aber auch wenn Orff ein ausgesprochener Fan des barhäuptigen spanischen Künstlers war, so besaß er doch nicht mal dessen Kamm. Was sicher auch daran lag, dass Orffs Interesse an Souvenirs weniger «prominent» geartet war, wie der folgende Briefausschnitt von der Deutschen Botschaft in Tokyo, die sich in Sachen Frachtpost von Japan nach Deutschland kundig gemacht hatte, zeigt.

«Anbei übersende ich Ihnen den Voranschlag der Speditionsfirma, die die Botschaft im allgemeinen benutzt, für den Transport Ihrer Instrumente und Geschenke nach Deutschland. Die Summe ist sehr hoch (102.000.- Yen = etwa DM 1.110.-). Diese geht in der Hauptsache zu Lasten der grossen Trommel, aber auch des grossen Holzfasses. Darf ich ehrlich sagen, dass es fraglich ist, ob das Fass die grosse Ausgabe für die Fracht lohnt? Nach Meinung der Firma Odawara würden die Frachtkosten um 10-20.000 Yen geringer sein, wenn man das Fass weglässt, das hier nur einen Wert von etwa nur 500 Yen hat.»

Vom 11. September bis zum 6. Oktober 1962 unternahm Orff auf Einladung der Japanischen Rundfunk- und Fernsehgesellschaft NHK eine Vortragsreise ins Land der aufgehenden Sonne. Und obwohl sich die Reisetermine so dicht drängten wie die Körner in einer Reisschale (Fernsehaufzeichnungen, Kabuki-Theater, Kaiserpalast…), fand Orff immer mal wieder Gelegenheit, Souvenirs zu erstehen, genaugenommen: große Souvenirs zu erstehen – wie eben das erwähne Reiswein-Fass. Und so nimmt es nicht wunder, dass der Komponist nach seiner Rückkehr oben das zitierte Schreiben erhielt. Orffs Antwort?



Und so kam es, dass das Sake-Fass schließlich doch glücklich in Dießen landete. Bleibt die Frage: Fand es denn letztlich in Orffs Werk Eingang? Oh ja! Wir entdecken dieses fernöstliche Aufschlagidiophon in den Orchesterbesetzungen von De temporum fine comoedia und in der Erstfassung von Prometheus. Ob Orff allerdings beim häuslichen Radiohören das Du-wa-du-wa… von Souvenirs, Souvenirs auf dem Sake-Fass begleitete, ist nicht belegt. Egal! Auf alle Felle – bzw. Fälle – hat sich der unFASSbar teure Instrumentenversand gelohnt!


[Text: Johannes Schindlbeck]

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