Kleine Blümchen, große Wirkung

20. März 2021 – endlich Frühlingsanfang! Unbeeindruckt von den frostigen Temperaturen und vom winterlichen Trübsinn, der vielen Menschen derzeit zu schaffen macht, sprießt und blüht es überall, was das Zeug hält. Jeder Sonnenstrahl lockt eine weitere Knospe aus den noch kargen Ästen und ein neues Blümchen aus dem Boden hervor. Auch im Dießener Orff-Garten erwacht in diesen Frühlingstagen neues Leben: Unter dem Haselstrauch tummeln sich munter Schneeglöckchen, Leberblümchen und Krokusse; oder, wie Carl Orff es vermutlich genannt hätte: galanthus, hepatica nobilis, crocusque.

Orff, der zeitlebens ein großes Faible für Altgriechisch und Latein hatte, wies nämlich diesen kleinen, bunten Frühlingsboten gleich in zwei Stücken eine wesentliche Rolle zu. Im Weihnachtsspiel Ludus de nato Infante mirificus wispern zur Geburt Christi die Stimmen der schlafenden Blumen – primula veris (Schlüsselblume), crocus (Krokus), gentiana (Enzian), galanthus (Schneeglöckchen), anemone (Windröschen) und auricula (Aurikel) – aus dem Boden hervor und vertreiben in aller Unschuld die schaurigen Schatten des nächtlichen Hexentreibens.

In bayerischer Mundart dagegen freut sich einer der Soldaten, die in der Osternacht zur Bewachung von Christi Grab abkommandiert wurden, poetisch über das Ende des Winters und den beginnenden Frühling. Gut möglich, dass Orff hier seine eigene Freude über das Erblühen neuen Lebens zum Ausdruck gebracht hat, waren doch seine liebsten Jahreszeiten der Frühling und der Frühsommer, wenn die Natur vor lauter Leben förmlich explodiert. Tatkräftig unterstützt haben dürfte ihn bei den Naturbeobachtungen auch seine Gattin Liselotte, eine große Naturfreundin. So ist es kein Zufall, dass ausgerechnet die heimischen Frühblüher Einzug in Orffs Werk gefunden haben, hatte er sie doch sprichwörtlich bunt und duftend vor der Nase. Lassen wir uns also gemeinsam mit dem römischen Soldaten aus Orffs Osterspiel Comoedia de Christi Resurrectione die Sonne auf die Nase scheinen, genießen wir die Wärme, das neu sprießende Leben und die Hoffnung, dass bald alles wieder sommerlich leichter wird...

>  Start   >    Institutionen   >    Carl Orff Museum   >